Der Magdeburger Segler-Verein (MSV) wurde am 11. Juli 1900 als zweiter Seglerverein der Stadt gegründet.
Als Ankerplatz wird ausgewiesen: „Alte Elbe unterhalb der Salzquelle“ und als Versammlungsort das Restaurant „Reichs-kanzler“. Ein Vereinshaus gab es anscheinend noch nicht, Angaben zur Zahl der Mitglieder und Boote sind nicht vorhanden.
Aus den Anfangsjahren gibt es ein Photo (Bild 1), welches ein Wohnboot zeigt, an dem drei Boote mit Mannschaft beim Segelsetzen zu sehen sind.
Erst im Jahre 1911 wurde im Vereinsverzeichnis der Adreßbücher der Stadt als Vereinslokal des MSV ein Vereinshaus genannt (Bild 2). Es ist ein solider Bau dessen Außenputz noch heute hält.
Trotz dieses Hauses versammelte man sich in der kühlen Jahreszeit weiterhin in Restaurants, da zu Anfang des Jahrhunderts eine Möglichkeit der Beheizung noch nicht vorhanden war. Zudem bot es nicht genug Platz für alle Mitglieder.
Erste gesicherte Angaben zu Mitgliedschaft und Flotte gibt es aus dem Jahre 1920: 22 Mitglieder, 5 Kajütboote, 3 offene Boote und ein Beiboot.
1939 erfolgte auf Befehl der Sportführung der Zusammenschluß von der „Segler-Vereinigung Magdeburg“ mit dem MSV. Die Stimmung war angespannt in der Mitgliedschaft. Hier prallten verschiedene Ansichten des Segelsportes aufeinander: So wurde im MSV vor allem Fahrtensegeln betrieben – die „Neuen“ dagegen waren zumeist Regattasegler.
Im Jahre 1944 vernichtete ein Bombenangriff an Land liegende Boote abwesender Kriegsteilnehmer. Das Vereinshaus wurde zwar verschont, unterlag nach Kriegsende jedoch mehreren Plünderungen der Roten Armee, aber auch eigener Landsleute.
Ab 1945 erlosch das gesamte Vereinsleben an der Alten Elbe – Der Stadtpark war bis 1946 militärisches Sperrgebiet.
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Nach dem Kriege hatten viele ihre Not zu überleben, sehr wenige konnten sich sowohl aus finanziellen als auch vor allem aus existenziellen Gründen sich dem Segelsport widmen. Dennoch fanden sich 1946 neun Segler aus zwei früheren Vereinen („Wasserfreunde Magdeburg“ und „Magdeburger Segler-Verein“) für einen Neubeginn in der Sportgemeinschaft „Rotes Horn“ zusammen. Der Sportbetrieb begann, nachdem die materiellen Vorraussetzungen geschaffen wurden, erst 1948.
Nach Gründung der DDR 1949 erfolgte die Umwandlung der SG „Rotes Horn“ in die Betriebssportgemeinschaft (BSG) „Lokomotive“ der Deutschen Reichsbahn.
Segeln wurde noch immer als „bürgerlicher Sport“ gesehen, wodurch die Anerkennung in einem Arbeiter- und Bauernstaat eine sehr geringe war. Das änderte sich erst mit ersten Erfolgen auf Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften.
1950 hatte die Sektion Segeln 37 Mitglieder, 11 Jollenkreuzer und 12 Jollen.
Ein Wechsel der BSG fand 1956 von „Lokomotive“ zu „Einheit“ statt.
Im Jahre 1961 wurde die Bootshalle aus Rinderoffenställen gebaut (Bild 3). Ein interessanter Aspekt dieses Bauvorhabens war der geplante Besuch Walter Ulbrichts in Magdeburg anläßlich der Arbeiterfestspiele 1961. Da ein Besuch im Stadtpark vermutet wurde, sollten die seit 1954 selbst gebauten Bootsschuppen der Prominenz nicht zugemutet werden. Dies u. a. beschleunigte den Bau der Halle, welche heute noch genutzt wird. Nicht unerwähnt soll hier auch die Eigenleistung der Mitglieder bleiben: Es gab ein Arbeitsstundensoll von 150 Stunden, nicht wenige kamen in den 5 Monaten Bauzeit an 300 Stunden heran.
Sollte die Leistung im Regattasport gesteigert werden, genügte das Trainingsgewässer Elbe dafür nicht mehr aus. So wurde 1967 ein eigener Steg in Plaue bei Brandenburg/ Havel mit 22 Plätzen geschaffen (Bild 4). Die Liegeplätze waren vorerst nur den Regattaseglern vorbehalten.
In den darauffolgenden Jahren stellten sich, durch die besseren Trainingsmöglichkeiten am Stützpunkt Plaue, Erfolge im Wettbewerb ein. von 1953-1989 nahmen in verschiedenen Bootsklassen insegesamt 207 Mitglieder an Deutschen- bzw. DDR-Meisterschaften teil. Herausgegriffen sei hier z. B. die Mannschaft Dieter Köppe/ Hans-Jürgen Krähe, die in der 15 qm-Jollenkreuzerklasse 1972 DDR-Meister wurde (Bild 5).
Die Flottenentwicklung der folgenden Jahrzehnte war stetig steigend. Es dominierten 20-qm Jollenkreuzer, überwiegend aus Stahl. Ende der achtziger Jahre war der Bootsbestand auf 55 Boote angewachsen.
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In der Übergangsperiode vor der deutschen Einheit wurde der Magdeburger Segler-Verein e. V. am 27. März 1990 in das Vereinsregister des Amtsgerichtes Magdeburg unter der Nummer 1 als erster Magdeburger Sportverein eingetragen. Der Vereins-namenszug wurde bei Arbeiten an der Fassade freigelegt (Bild 6).
Nach 100 Jahren Magdeburger Segler-Verein e. V., zum Ende 1999 hatte der Verein 102 Mitglieder, 17 Jollen, 17 Jollenkreuzer, 12 Seekreuzer und 8 Motorboote. Die Zahl an Seekreuzern nimmt zu und drängt somit die Anzahl an Jollenkreuzern zurück (Bild 7 und 8).
Im Jahre 2013 überrollte die „Jahrhundertflut“ der Elbe Stadt und Land. Zum ersten Male in der Geschichte des Vereines trat die Elbe in unseren Klubraum ein (Bild 9 und 10 – nach dem Höchststand von 7,47m). Nach Abfluß der Flut wurde das Gelände, Haus und Halle in mühevollen freiwilligen Arbeitsstunden in kurzer Zeit wieder nutzbar gemacht.
Erst im Jahre 2017 begannen die Arbeiten zur Wieder-herstellung der nach dem Hochwasser von 2013 entstandenen Schäden! Diese Arbeiten zogen sich bis Anfang 2019 hinein. Ende März dieses Jahres wurde uns vom Vermieter „unser“ (bis 1945) Haus wieder zur Nutzung übergeben (Bild 11). Nun bietet sich die Möglichkeit auf Grund der Veränderungen am und im Haus auch die Einrichtung und Ausstattung zu „sanieren“.
Das Haus soll denkmalgerecht wiederhergestellt sein. Um hier nur eine Veränderung anzuführen, welche offensichtlich nicht wieder originalgetreu hergerichtet wurde, sei hier die Bohle über den Fenstern des Erkers genannt, welche nahezu 90 Jahre lang den Namenszug unseres Vereines trug (siehe Bild 6).
Eine letzte Statistik an dieser Stelle: zum jetzigen Zeitpunkt (Dezember 2022) hat unser Verein 83 Mitglieder, 27 Segelboote (Jollen, Jollenkreuzer, Seekreuzer) und 20 Motorboote.
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Was wird die Zukunft bringen? Auch wenn „schlechte Zeiten“, so wie die heutige Vernachlässigung und dadurch stetige Verlandung der Alten Elbe, immer wieder den Segelsport auf der Elbe unattraktiv gemacht haben, gab und gibt es doch auch immer wieder und trotz dessen Menschen, die ihre Erholung gerade hier auf dem Wasser gesucht und gefunden haben.
Quelle: Stark gekürzt und größtenteils zusammengefaßt aus der Festschrift „1900-2000 100 Jahre Magdeburger Segler-Verein“ verfaßt von Dr. Veronika Arndt. Letzten Teil ab 2013 ergänzt.
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